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Kohlhaas und Gewaltenteilung: Opfer zahlen für ihr AbhörenDie Tagespresse hat nur ein begrenztes Verständnis für Probleme des Rechtsstaates. Und deshalb war als dpa-Meldung zu lesen: "Kriminelle Banden sollen bei konspirativen Telefongesprächen nicht länger auf abhörsichere Handies ausweichen können". Anschließend meldete sich "die Presse" telefonisch beim CCC. Ein schwieriges Thema, das nicht nur für anfragende Journalisten, sondern auch für DS-Leser interessant ist. Die hier zusammengetragenen "telefonischen Erklärungen" des CCC finden nur wildschweingrob "gefiltert" Eingang in die Presse. Sie erfordern eben Nachdenken.Das folgende ist die Darstellung des Sachverhaltsjür die DATENSCHLEUDER". Für die Tagespresse ist die Wirklichkeit in der Regel "unzumutbar komplex". Halbwahre Nebelwirkungen Eine Nebenwirkung der Postprivatisierung betrifft das staatliche "Abhörmonopol". Denn "private" Betreiber von Funktelefon-Netzen machen bislang Reklame, daß ihre Systeme "nicht abhörbar" wären. Das ist immerhin die halbe Wahrheit. Mit üblichen"Meßempfängern" kann ein entsprechend ausgestatteter Detektiv ein Handy und dessen Träger "observieren" und "abhören", wenn der Detektiv ebenso mobil ist. Die Frage, ob BKA oder BND die ihnen zugängfiche Technik besser oder schlechter als eine Privatdetektei nutzen, soll hier nicht erörtert werden. Eher leicht möglich bei "Handies" ist der zeitnahe "zentrale Zugriff" auf das, was beim"Abhören" das Wichtigste ist: die Verbindungsdaten. Kanthers Wunsch, zu agieren wie bisher beim "Telefon-Festnetz" mit "Plug&Play", reinstöpseln und mithören, funktioniert so nicht. Binäre Bürger Beobachtung Den meisten DDR-Bürgern ist nicht klar, daß ihnen die fast komplett installierte "digitale Vermittlungstechnik" (DIV) beim Telefon eine Abhörperfektion beschert hat, wie es sie weder bei Stasi noch in der BRD gegeben hat. Für "Techies": die bisher durch die Relaistechnik beim "Wählprüfplatz" gegebenen Einschränkungen sind "weg", allerdings blickt kaum jemand noch durch, was bei den DIVs läuft und selbst vor TELEKOM-Entstörern werden DIV-Störungen geheim gehalten. Wer als Alt-68er Abhörprotokolle der Telefonate von Freunden gelesen hat und sich den Aufwand vorstellt, diese gesammelten Intimitäten und Belanglosigkeiten vom Band abzuschreiben, hat wenig Respekt vor dem "Abhören" von Inhalten - die Verbindungsdaten reichen in der Regel, um Organisations-, Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen in einem hübschen Bildchen mit bunten Verbindungslinien darzustellen, Heute geht sowas im Unterschied zu den 60ern per Computer und wird auf dem Farbtintenpisser gedruckt: die Mafia als Spinnennetz in Farbe. Und wo sind bei den Funknetzen die "Verbindungsdaten"? Selbstverständlich gibt es gerade bei rechnergesteuerten Funknetzen "Abrechnungsdaten" und eine entsprechende Software-Schnittstelle -zumindest für die "gehenden" Gespräche. Ist ja ok, wenn dpa schreibt, Handies wären "nicht abhörbar" und die Mafia "nur" Zeitung liest... Allerdings ist der Mobilfunk-Betreiber, von dem ein Staatsanwalt derartige Daten fordert, ein "Zeuge" im Straf-Verfahren. Wenn der Staat ihn nötigt, Aufwand als "Zeuge" zu treiben, dann muß derjenige, der im Verfahren unterliegt, auch diese Rechnung zahlen. Wäre im Falle Barschel die TELEKOM schon"privat" gewesen,dann hätte sie für die Auskunft, WANN Uwe B. laut C-Netz-Abrechnungsprotokoll im Widerspruch zu seinem "Ehrenwort" doch telefoniert hat, im Endeffekt vom Ertappten für ihren "Überwachungsaufwand" kassiert. Diese Konjunktiv-Formulierung bitte merken und"unten" bei der Auflistung der Funknetzbetreiber einsortieren (bei Compilern heißt sowas"Vorwärtsreferenz"). Der Film BRAZIL beschreibt sehr schön, wie das tote Verhör-Opfer eine Rechnung bekommt für den Aufwand, den der Staat beim Verhör mit ihm getrieben hat. Vielleicht sollte man für Innenmini Kanther und einen Sprecher des Postministeriums, Herrn Christian Hoppe mal eine "Zwangsvorführung" von BRAZIL veranstalten; der Postminister ist hier nicht genannt, weil ihn der Film BRAZIL womöglich mental overloaden würde. Die bisher als "Post-Gestapo" bekannte Abteilung beim Telefon-Festnetz arbeitete im Unterschied zu "privat" kalkulierten und organisierten Sicherheitsapparaten "gratis" für den Staat. Der Verfassungsschutz hat auch einen klar definierten Telefon-Sondertarif der Höhe Null... Derartige Konditionen räumen "private" Netzbetreiber eher nicht"freiwillig" ein. Immerhin haben die "Funknetzbetreiber" das absurde Problem, daß sie "den Funk" kaum nutzen dürfen, um Gespräche von Funkzelle zu Funkzelle weiterzuleiten, sondern müssen für diese Aufgabe"vom Monopolbereich" Festleitungen mieten. "Vom Monopolbereich" heißt NICHT! NICHT! NICHT! "von derTELEKOM" und es kostet mindestens fünf Minuten Monopoltelefoniererei, um einem "üblichen" Fachjournalisten diesen Unterschied zu erklären von der Vierteilung der Post: dreimal Wirtschaft, einmal Herrschaft und daß man über ein Monopolnetz telefoniert, für das ein Wirtschaftsunternehmen kassiert (Standardgebet: Monopol-Leistung, Pflicht-Leistung, Wettbewerbs-L.). Erschwert wird die Unterscheidung durch unsittliche TELEKOM-Methoden, weil sie u.a. als Adresse des Wirtschafts-Unternehmens Telekom das "Fernmelde-A.M.T. Suhl" in ihrer Reklame angibt; dann begreifen nur noch Post-Jura-Esoteriker, welches funktionelle Gesicht zwischen Behörde und Marktteilnehmer ihnen gerade erscheint und Verbände sagen "da kann man leider nix machen". Weil der amtliche Monopolbereich von "privaten" Funknetzbetreibern kassiert für den "Monopolanspruch" auf "Festverbindungen", sind die "Privaten" unwillig, ein paar Dutzend Millionen Mark zu zahlen für Entwicklung und Einbau von Überwachungssoftware und Einstellung von Überwachungspersonal für die staatlichen Stellen. Hinzu kommen ihre Kosten dafür, daß sie vom "Monopolbereich" zusätzliche Festverbindungskapazität kalkulieren müssen, damit sie die abgehörten Telefonate über diese Leitungen in Echtzeit an den Monopolinhaber auch abliefern können bzw. müssen. Für kulturell Gebildete: die Leistung einer "Standleitung" ist noch abstrakter als die "Pferdeabnutzung" bei Michael Kohlhaas, aber es empfiehlt sich, nach diesem Beitrag "Kohlhaas" zu lesen und dann nochmal diesen Text hier, das könnte helfen... Wer solche Details begreift, versteht die "Feinheiten" der Ebene, auf der "gefeilscht wird" zwischen "Staat" und "Wirtschaft" - das ist härter als auf dem türkischen Bazar. Der quasi-amtliche Adress-Reklame-Trick in Suhl ist im Vergleich dazu "trivial". Nach Innenminis Kanthers "neuer Rechtsverordnung" sollen die Mobilfunkbetreiber auf eigene Kosten bislang undefinierte (!!!) Schnittstellen zum Abhören in ihre Mobilfunknetzstruktur einbauen. Jurologisch erinnert das an die Nazimethode rückwirkend geltenden Rechtes und auch unter diesem Gesichtspunkt sehen die Mobilfunker Chancen, daß der Staat dafür zahlt, was sie an Abhörkram einbauen. Kein Wunder, daß DeTeMobil (Achtung! Das ist NICHT dieTELEKOM A.G.!) als D1 -Betreiber, Mannesmann (D2) und Veba/Tyssen (ENetz) es ablehnen, für die Erstellung einer Abhörschnittstelle, die bei Ausschreibung der jeweiligen Netze nicht (!!!) konkret definiert war, zu zahlen. Und hier bitte wieder an die "C-Vorwärtsreferenz" von oben denken... Wer BRAZIL aus diesem Anlaß nochmal anschaut, kommt wahrscheinlich zum Ergebnis, daß sogar dann, wenn "die Betreiber" ihren Aufwand nach einem irgendwann erfolgenden "höchstrichterlichen Urteil" selber zahlen müssen, der Staat bei Beschuldigten auch dann für deren Überwachung kassieren wird, wenn der Beschuldigte sich als"gerade noch unschuldig" herausgestellt hat. Da war die Schweiz bereits gestern ein Beispiel. Der Schweizer Staat hat nicht nur vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit Rückendeckung von Schwarz-Schilling und Konsorten als Rechtsauffassung zu den Akten gegeben, ein Wirtschaftsunternehmen habe keine Menschenrechte (nur eine Minderheit in Straßburg schloß sich dieser pöstlichen Auffassung an). Die Schweiz ging weiter und kassierte Geld von "Unschuldigen" für die Ermittlung ihrer Unschuld. In der sehr zu empfehlenden Zeitschrift "Halt's Maul, wenn Du mitreden willst - Gegen Dummheit und Zensur" sind "Freisprüche zweiter Klasse" beschrieben. Da hatte ein Schweizer Videothekar Filme eingeführt und Züricher Bezirksanwaltschafts-Rambos grapschten sich diese, eröffneten ein Verfahren, stellten es ein und kassierten "Strafverfolgungsfreispruchsgebühren" mit folgender Begründung: "Auch wenn insgesamt kein Zweifel besteht, daß Thomas Hitz als seriöser Filmhändler diese Filme eingeführt hat, um sich mit dem (allerdings fragwürdigen) Werk deutscher Filmschaffender auseinanderzusetzen, und hierzu auch seiner Kundschaft Gelegenheit hat geben wollen, sind ihm die Kosten der Strafverfolgung aufzuerlegen." Weiter heißt es: "Wer solche Filme mit mehr als nur provozierenden Inhalten einführt und im Ergebnis bloß wegen einer für ihn günstigen Auslegung des Begriffs Gewaltdasstellung einer Bestrafung entgeht, hat die Einleitung der Strafuntersuchung durch zumindest leichtfertiges Tun verursacht und ist kostenpflichtig zu erklären." Weitere Informationen groben Kalibers bis hin zum Ausfall einer Abiturfeier wegen einer Schülerzeitung und der db-Obergrenze bei Techno-Konzerten, einem Video der Schweizer Gruppe HIRNFICK und vielem anderen mehr gibt es für 3 SFr in der Zeitschrift "HALT'S MAUL, wenn Du mitreden willst" vom Zensur Verteidigungsfond, c/o SSI, Postfach 3252, CH 8031 Zürich. Im Impressum steht groß und fett: "Dieses Blatt enthält 199% Ironie und 251% Satire, unkritischer Gebrauch kann bleibende Persönlichkeitsschäden verursachen." Darüber im Impressum abgebildet ist ein wütendes Wildschwein, das einen Jäger nicht zusammenschlägt, sondern fickt mit der Sprechblase: "Du hast meine Frau getötet, Du wirst sie ersetzen." Macht diese Bildbeschreibung hier die Datenschleuder jugendgefährdend? Immerhin ist der Bildinhalt nur in Finnland gestattet, hier nicht! Viel Spaß beim telekomischen Nachdenken! Wau Holland |
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Kohlhaas und Gewaltenteilung: Opfer zahlen für ihr Abhören